Ich habe ja schon oft erlebt, dass ein Wochenend-Seminar mich sprachlos zurückließ.
Und heute kann ich natürlich nicht sagen, ob das, was ich hier erlebt habe, nie mehr wiederkommen wird.
Aber dieses Event war sicherlich lebensverändernd.
Ich mache etwas Verrücktes…
Ich weiß, es ist für mich nichts Neues, dass ich einfach mal springe und etwas Verrücktes anfange. Dieses Mal war die verrückte Sache aber so weit außerhalb meiner Komfortzone, dass ich es selber nicht glaubte.
Mitte Mai bewarb ich mich für einen Workshop für Speaker. Ein neues Format von Patrick Reymann, Angel Martinez und Johannes Emmerich sollte Ende Mai geboren werden: Speechless. Ein Charity Event aus Unterhaltung, Speaking und Persönlichkeitsentfaltung.
In meinem Fall noch ein Und: Am Tag vorher erhielten 20 Nachwuchs-Speaker in einem Workshop die Möglichkeit, sich für dieses Event zu qualifizieren, um vor über 600 Menschen ihre Botschaft zu präsentieren.
Für diesen Workshop hatte ich mich beworben und sogar die Wildcard gewonnen – unter allen Bewerbern hatte ich mich durchgesetzt (eigentlich hatte Janina Felix sich für mich durchgesetzt und ich danke ihr von Herzen!) und ich durfte kostenlos am Workshop teilnehmen.
Totalausfall – Grippe
Für die Woche vor dem Workshop stand nur eine Sache an: Eine 10-minütige Rede erstellen, die meine Botschaft präsentiert und die Menschen gleichzeitig dort abholt, wo sie gerade stehen. Ich hatte wirklich großen Respekt vor dieser Aufgabe, denn, mal ehrlich: Auf einer Bühne zu stehen stand bisher nie so wirklich auf meinem Plan.
Am Montag Morgen war dann klar: Alle drei Kinder sind krank – die Kleine mit Ohrenschmerzen, der Mittlere mit starkem Husten, der Große erkältet.
Montag Mittag lege ich mich ins Bett dazu: Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen – alles fühlt sich an wie Grippe. Drei Tage lang kann ich mich nicht aus dem Bett bewegen, nicht denken, nichts mit den Kindern machen, nichts im Haushalt und vor allen Dingen keine Rede schreiben.
Als ich am Donnerstag wieder denken kann, wird mein Mann krank.
Bis Donnerstag Abend 20 Uhr sollen meine Vorstellung und Regieanweisung für meine Rede stehen. Die Heimwerker, die beim Nachbarn das Haus sanieren, haben das Telekom-Kabel erwischt und unser Internet funktioniert nur noch über einen Hotspot vom Handy aus. Widrige Umstände? Kann ich!
Ich koche Suppe und versuche zwischen kranken Kindern, krankem Mann und halbkrankem Ich irgendwie diese eine Aufgabe zu erledigen. Ich habe noch nie so eine Lobhudelei auf mich geschrieben (großer Tipp, übrigens, das motiviert!) und vor allen Dingen habe ich wirklich keine Ahnung, welche Regieanweisungen ich so brauche für eine Rede, die noch nicht existiert. Geschweige denn überhaupt irgendwelche Ahnung von Regieanweisungen.
Der – vielleicht – verrückteste Tag in meinem Leben
Viele Dinge wusste ich noch nicht, bevor ich in Niedernhausen bei Wiesbaden ankam. Nur eine Sache war mir klar: Ich möchte von Claudia Dalchow lernen.
Ich hatte in den letzten zwei Tagen zwölf Versionen meiner 10-Minuten-Speech geschrieben und am Samstag morgen nochmal eine neue und ging also – für meine Verhältnisse und den Nervositätsstand – sehr unvorbereitet in den Workshop.
Nach einem Einstieg und der Verteilung in die Gruppen war ich da: Bei Claudia zusammen mit Alex (die mein Fan war, seit ich die Wildcard gewonnen hatte), Melina, Christian und Manuela (mit der ich schon über Facebook verbunden war und deren Postings der letzten Tage mir des Öfteren aus der Seele sprachen). Mit Fetzen meine Rede im Kopf und einem ungefähren Fahrplan, wo es hingehen sollte.
Einer nach dem anderen präsentierte nun seine Message in 10 Minuten. Danach nahm sich Claudia 20 Minuten lang Zeit, um ins Coaching zu gehen – klar, effizient und nicht gerade zimperlich. Als ich dran bin, ist Claudias Feedback sehr klar: “Ist es wirklich das, was du transportieren willst, Mädchen?” Ich stelle fest: Nein! Überhaupt nicht. Alles wirbelt in meinem Kopf durcheinander. Ich kann und will das so nicht stehen lassen. In der Mittagspause habe ich 25 Minuten, um meine 10 Minuten so für mich zu nutzen, dass ich klar diese bestärkende Message transportiere, die ich mitgebracht habe.
Nach der Mittagspause darf jeder von uns einmal kurz sagen, wie es ihr/ihm geht.
Ich stelle mich auf unsere kleine Bühne und sage: “Ich glaube, das ich der verrückteste Tag meines Lebens!” – Claudias Antwort ist: “You have no idea, girl!” Und sie sollte recht behalten. In einem zweiten und dritten Durchlauf üben wir die neue Version unserer Rede und werden auf Herz und Nieren geprüft:
So stehen, die Beine näher zusammen, anders sitzen, hier weniger theatralisch reden, Arme runter, Arme hoch, Haltung, Kopf!
Und dann: Action! Das Ergebnis des Tages wird mit der Kamera festgehalten.
In 3, 2, 1 – GO.
Das war alles erst der Anfang
Nach diesem zweiten Coachingdurchlauf gratulieren wir als große Gruppe noch Maddin Schneider zum Geburtstag, verabschieden uns dann zum Abendessen und sind voller Vorfreude und sehr viel Spannung auf das, was noch kommt. Wissen tun wir nur eines: Wir dürfen heute Abend noch ins Theater und schon mal reinspüren, was uns am nächsten Tag beim Speechless-Event erwartet.
Die Stimmung im Theater ist atemberaubend. Das Licht, die Musik, unsere Anspannung, die Vorfreude, das Herzklopfen. Wir sind allesamt einfach überwältigt.
Es dauert noch eine ganze Weile, bis klar ist, wer am nächsten Tag mit seiner Message auf der Bühne stehen wird. Ich zittere noch heute am ganzen Körper, wenn ich an diesen Moment zurückdenke, in dem ich höre:
Olga Homering.
Zusammen mit Tobias Beck, Daniel Aminati, Kelechi Onyele, Maddin Schneider. Zusammen mit Annabell Whitney, Kevin Godawsky, Claudia Dalchow, Janina Felix, Leonie und Markus Walter. Zusammen mit meinen Mitstreitern Ethan Indra, Joao Ulrich Heep, Christoph Hahn – JA! Als einzige Frau aus dem Workshop.
Der Tag, der mein Leben verändern wird
Ich schlafe kaum in dieser Nacht vom 25. auf den 26. Mai 2019.
Immer wieder werde ich wach, gehe im Kopf meine Rede durch, schiebe Wörter hin und her, übe, mich hinzusetzen, wieder aufzustehen, wälze mich im Bett hin und her, meditiere, bete, schöpfe Kraft und Hoffnung.
Da sind Menschen, die glauben an mich, die mich unterstützen, egal, wie es auch laufen würde. Da sind Menschen Zuhause, die voll und ganz an mich glauben. Die vielleicht nicht verstehen, was das alles bedeutet, denen aber völlig klar ist: Das ist was Großes.
Am Sonntag stehe ich neben einem ungläubigen Patrick, die in die Runde schaut, den Kopf schüttelt und meint: Es sind Leute gekommen! Es sind tatsächlich Leute gekommen!
Das Herzblut von Patrick, Angel und Johannes ist spürbar in jeder Minute dieses Tages. Und das ist es, was ihn so besonders macht. So überragend und herzerwärmend. Jeder spürt nach kürzester Zeit: “Ok. Hier bin ich Teil von etwas ganz Großem!”
Zwischen 15 und 16 Uhr soll ich zum Soundcheck kommen. Bis dahin erlebe ich die Höhen und Tiefen des Tages neben meinem Bruder von Reihe 3 aus. Die bewegenden Worte von Daniel Aminati oder Janina Felix, die großartige Showtanzgruppe Moskitos, die mich durch ihren Tanz so sehr berührt, dass ich tränenüberströmt auf meinem Sitz verbleibe.
Backstage erlebe ich die großartige Claudia Dalchow und ich verkneife mir die Tränen, immerhin bin ich direkt nach ihr dran.
Er hat meinen Namen gesagt!
Nach der Anmoderation durch Tom, einem meiner Mitstreiter aus dem Workshop, stehe ich – tadaaaa, auf dieser unfassbaren Bühne. Die Lichttechnik hat sich auf mein Kleid abgestimmt an diesem Tag – so zumindest der Eindruck für einige nach Außen.
Ich bin unfassbar dankbar, dort zu stehen. So dankbar für die Menschen, die mich mit großen, erwartungsvollen Augen ansehen. Es ist soweit.
“Wie viele von euch sind der Meinung, dass unsere nächste Generation, unsere Kinder, diese Welt verändern werden?” – Es gibt kein zurück. Der erste Satz ist gesagt und meine Arme zittern heute nicht als ich sie hebe.
Alles auf Autopilot. Soweit möglich.
Ich stehe dort oben und bekomme direktes Feedback von einem Publikum. Von echten Menschen. In denen ich echte Gefühle wecken darf: Zustimmung, Erstaunen, Überraschung, Lachen, spontanen Applaus, Verbundenheit und viele viele Tränen.
Es ist absolut überwältigend, was in diesen 10 Minuten passiert. Wie viele Herzen sich öffnen – für sich selbst.
Nach meiner Rede kommt Christian, einer der Fotografen hinter die Bühne – in Tränen aufgelöst. Er bedankt sich bei mir für die Stimmung und wundervolle Energie, die ich in diesen Minuten auf der Bühne erschaffen habe.
Und dann?
Mein Workshop-Mitstreiter Christian bringt mich hinter die Bühne und lässt mich noch einmal wahrnehmen, was gerade passiert ist. Macht mich auf jedes kleine Detail im Hintergrund aufmerksam. Immer wieder sagt er mir: All das haben sie für dich getan, Olga. All das hast du verdient. Du gehörst auf diese Bühne.
Diese Worte, diese Stimmung, dieses Geschenk für mich wahrzunehmen und anzunehmen, auch das war Teil meiner Reise ins Speaker-Dasein.
Ich verbleibe speechless – sprachlos. Manchmal läuft das alles an mir vorbei wie ein Film. Ganz fern und doch ganz nah. Ganz nah und doch ganz fern.
Das Feedback, das mich nach meinem Auftritt erreicht, ist einfach nur unglaublich für mich. All diese Menschen, die ich berühren durfte.
Ich bin voll Demut und Dankbarkeit.
Da sind nicht mehr viele Worte. Speechless.
Von Herzen Danke, lieber Patrick, lieber Angel, lieber Johannes.