Kindergeburtstag ohne Stress. Oder: Wie ich Mutter eines Elfjährigen wurde.

Es ist der 18. April und ich bin Mutter eines Elfjährigen Kindes.Alles ist unperfekt. Alles ist perfekt.
Kindergeburtstag ohne Stress. Elf Jahre Mama.

Es ist Abend, der 17. April 2008. Ich weiß, dass morgen ein ganz besonderer Tag werden wird, denn – egal wie – wir werden Eltern.

Ich wandere nervös durch unsere Wohnung und weiß nicht so wirklich etwas mit mir anzufangen. Bald schon, gegen Mitternacht, werde ich von der Wanne aus meinen Mann aus dem Bett rufen und Wehen im Abstand von zwei Minuten haben.

 

Die Sache mit den Erwartungen

Ich wollte schon immer Mutter werden. Wenn etwas in meinem Lebenslauf klar war, dann war es das. Nicht klar war mir, dass mein erstes Kind zwischen schriftlichem und mündlichem Staatsexamen auf die Welt kommen würde. Und dass der Alltag mit Baby so komplett anders sein würde als erwartet. Nicht klar war mir, dass dieser neue Alltag etwas anderes sein könnte als pure Erfüllung. Nicht klar war mir, dass sich alles – wirklich alles – in meinem Leben ändern würde.

 

Am 18. April 2008, 7:00 Uhr erblickte unser Sohn mit 4000gr das Licht der Welt. Ich fiel kurze Zeit später zum ersten Mal in meinem Leben in Ohnmacht. Und zum zweiten Mal.

 

Ein Jahr später feiern wir einen großen Tag: Den ersten Geburtstag!

Freunde, Verwandte, alle möglichen Leute wollen kommen und mit uns feiern.

Ich habe den perfekten Plan im Kopf und am Abend des 17. April wandere ich, wie ein Jahr zuvor auch schon, nervös durch unsere Wohnung. Dieses Mal, um alles richtig zu machen, schön, aufgeräumt, um alles bis ins kleinste Detail vorzubereiten.

Ich bereite unfassbar viel Essen vor, tobe mich richtig aus in der Küche, bei der Deko, überall. Nach diesem Tag brauche ich eine Woche, um mich irgendwie zu erholen.

All diese Gedanken, meinem Kind den besten ersten Geburtstag zu schulden, die hatten mich völlig eingenommen. Ich suchte wochenlang die perfekten Geschenke, die besten Ideen für einen Brunch und hatte am Ende des Tages nicht wirklich viel Zeit mit dem Kind verbracht.

 

Kindergeburtstage, ich komme!

Ein paar Jahre später der erste Kindergeburtstag. Mit Schatzsuche natürlich. Und selbstgebackenen Muffins. Und Kuchen. Und Obstmandalas. Gemüsestäbchen. Selbstgebackene Kartoffelstäbchen (“Das sind doch keine echten Pommes!”).

Das Jahr darauf: Regenbogentorte mit Tortenböden in sechs (SECHS!!) verschiedenen Farben. Die hatte sich übrigens nicht das Kind gewünscht. Die hatte ich bei Pinterest gesehen und dachte, das wäre jetzt aber wirklich nötig. Null Kinder hatten die Torte gegessen.

Ein Jahr später gab es einen Piratengeburtstag mit Schnitzeljagd und Schatztruhenkuchen. Ich, hochschwanger, stellte mich in die Küche und erzählte der Haushaltshilfe, wie sie ihn zu richten hätte, damit er perfekt wäre.

 

Fünf Jahre und zwei Kinder später kaufe ich am 17. April einen Obsttortenboden, Quark und Schokoküsse und mache daraus einen Schokokuss-Kuchen.

 

Selbstfürsorge und Kindergeburtstag!?!

Die Erwartung an mich selbst als Mutter: Selbstgebackener Kuchen und Muffins für die Schule.

Obstspieße, süße Kleinigkeiten, perfekte Deko – alles DIY und farblich perfekt passend.

Geschenke. Oh, die Geschenke! Natürlich von langer Hand geplant und auch: perfekt passend. Wunderschön verpackt.

Die perfekte Feier. Super vorbereitete Ralley und verbuddelte Schätze.Aufregende Mitgebsel.

Und dann komm ich.

Keine Geschenkideen. Keine! Das Kind auch nicht.

Am Tag vorher im Sportladen und Spielzeugladen.

Ausbeute: Ein Springseil, ein Buch, ein Gesellschaftsspiel.

Kein selbstgebackener Kuchen, keine Muffins, keine schön verzierten Kleinigkeiten für die Schule. Es gab frisch aufgetaute Donuts.

“Eins ist klar: der Kuchen ist gekauft!” (Sagte ein Kind bei der Feier am Nachmittag ? )

JA! Das hast du richtig erkannt. Genau!

Obst geschnibbelt, nicht perfekt aufgespießt.

Deko: Die vier Tulpen aus dem Garten.

Nach dem Kuchenessen alle ins Auto gepackt und ab in den Wald.

An MEINEN Lieblingsort.

(Ok, das war auch der Wunsch des Geburtstagskindes.)

Und dort haben wir die Jungs eine halbe Stunde lang gesehen.

Danach: Selbstfürsorge. In der Hängematte liegen und im Labyrith laufen.

LOSLASSEN!

Meine eigenen Erwartungen. Mein eigenes perfektes Mutter-Bild. Alles, was mir Zähneknirschen bereitet. Oder Kopfzerbrechen.

Schlaflose Nächte? Und wofür? Wofür das alles?

Es war die perfekte Feier!

So glückliche Kinder nach Hause gefahren.

Sie waren im Wald, im Tiefseilgarten, im Bach, konnten klettern, quatschen, laut sein und viel Neues ausprobieren.

Wir selbst waren ganz erfüllt von diesem wunderschönen Tag.

Und stolz auf uns. perfekte Idee. Perfekte Planung. Perfekter Tag.

10 Jahre Eltern.

 

Mutter eines Elfjährigen

Es ist der 17. April 2019, ich gehe nervös im Wohnzimmer auf und ab. Die Situation von vor einem Jahr wiederholt sich. Kein Geschenk für’s Geburtstagskind. Keine Idee. Er auch nicht.

Nur: Dieses Mal weiß ich, ich werde jetzt auf die Schnelle nichts finden. Ich hole ein Buch aus dem Bücherregal, das ihm gefallen könnte und packe es ein. Ich schreibe eine Karte zum Geburtstag. Wir packen die Karten für das Fußballspiel, das er morgen mit seinen Freunden besuchen will, ein (obwohl sie keine Überraschung sind) und machen einen Gutschein für neue Fußballschuhe.

Ich bin Mutter eines Elfjährigen Kindes und lerne von meinem größten Lehrmeister Entspannung und Loslassen.

Jedes Jahr aufs Neue:
Erwartungen und Bilder im Kopf loslassen, Idealvorstellungen zulächeln und winken. Weitergehen, unseren Weg gehen. Einen anderen Weg als den, den wir selbst erwartet hätten. Immer wieder inne halten. Aushalten. Durchgehen. Verabschieden. Loslassen.

 

Wie Kindergeburtstag ohne Stress geht?

Frag dein Kind! Frage, was es braucht und wie es sich den Tag vorstellt. Frage, welche Wünsche es hat. Wenn das Kind keinen konkreten Wunsch hat: Vermeide Spontankäufe auf den letzten Drücker.

Mache es dir leicht!

Du liebst es, zu backen und zu dekorieren? Dann tobe dich aus! Dir wird das alles zu viel mit dem Backen, der Deko, der Schatzsuche? Finde alternative Lösungen!

Hör auf, zu überlegen, was die anderen denken könnten. Achte nur darauf, wie es deinem Kind mit der Situation geht.

 

Mein Sohn will aufstehen und erstmal seine Geschenke auspacken. Und dann werden wir einfach nur einen wundervollen Tag haben!

Es ist der 18. April und ich bin Mutter eines Elfjährigen Kindes.

Alles ist unperfekt.
Alles ist perfekt.

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